Versorgungsausgleich bei einer Scheidung

Bei einer Scheidung muss neben einigen vermögensrechtlichen Fragen auch der Ausgleich der sogenannten Rentenanwartschaften geklärt werden. Dies geschieht im Rahmen des Versorgungsausgleichs. Häufig führt dieser dazu, dass sich der persönliche Rentenanspruch der Parteien nach der Scheidung verändert. Bei diesem Ausgleich werden die von den Ehepartnern erworbenen Ansprüche für die Altersversorgung sowie eine mögliche Erwerbsunfähigkeit aufgeteilt. Doch wie genau funktioniert der Versorgungsausgleich und welche Rechte und Pflichten spielen eine Rolle?

Wozu dient der Versorgungsausgleich bei Scheidung?

Der Versorgungsausgleich dient nach § 1 Absatz 1 VersAusglG dazu, die in der Ehe erworbenen Anteile von Rentenpunkten – die sogenannten Ehezeitanteile – zu gleichen Teilen zwischen den getrennten Ehepartnern aufzuteilen. Dabei beeinflussen sich die jeweiligen Ausgleichsansprüche der Partner nicht gegenseitig. Das heißt, beide müssen je die Hälfte der in der Ehe erworbenen Anrechte an den anderen abtreten. Sie erhalten aber dafür immer auch die Hälfte der Anwartschaften der anderen Partei.

Beim Versorgungsausgleich ist in der Regel jeder Ehegatte sowohl Ausgleichsberechtigter als auch Ausgleichspflichtiger.

Das Verfahren des Versorgungausgleichs ist sehr komplex, weshalb es im deutschen Recht auch ein eigenes Gesetz hierfür gibt: das 2009 in Kraft getretene Versorgungsausgleichsgesetz (VersAusglG). Dieses enthält 54 Paragraphen mit den Rechtsgrundlagen für Fragen, die im Zuge einer Scheidung zum Versorgungsausgleich aufkommen können.

Beim Versorgungsausgleich werden (private oder gesetzliche) Versorgungsansprüche ausgeglichen, die während der Dauer der Ehe erworben wurden. Auch Beamte müssen also einen Teil ihrer Versorgungsbezüge an den ehemaligen Partner abgeben. Dabei werden die Anwartschaften zu gleichen Teilen aufgesplittet, sodass beide Parteien gleichermaßen von der Altersvorsorge profitieren.

Doch was ist, wenn einer oder beide Ehepartner zum Zeitpunkt der Scheidung bereits Rentenleistungen erhalten? Auch in diesem Fall findet ein Versorgungsausgleich statt, indem die Ausgleichswerte anteilig auf den Verfahrenswert der Scheidung angerechnet werden. Auf diese Weise ergibt sich auch ein Einfluss auf die Kosten der Scheidung.

Kommt es bei Scheidung immer zu einem Versorgungsausgleich?

Ein Versorgungsausgleich wird nicht zwingend durchgeführt. So haben die ehemaligen Partner die Möglichkeit, auf ihn zu verzichten – dafür muss aber ein beiderseitiges Einverständnis vorliegen.

Andernfalls ist der Versorgungsausgleich auch vom Güterrecht zu unterscheiden. So ist es für den Ausgleich der Rentenanwartschaften egal, ob die Partner sich zu Beginn der Ehe auf eine Zugewinngemeinschaft, eine Gütergemeinschaft oder die Gütertrennung geeinigt haben. In einer gesonderten vertraglichen Vereinbarung haben Personen, die heiraten, aber die Möglichkeit, in einem Ehevertrag Vereinbarungen zum Versorgungsausgleich im Scheidungsfalle zu treffen.

Welche Anwartschaften teilt der Versorgungsausgleich auf?

Grundsätzlich umfasst der Versorgungsausgleich nur Versorgungsanrechte, die in der gemeinsamen Ehe erworben wurden. Auszugleichen sind insbesondere Ansprüche, die durch die Berufstätigkeit und Vermögensrücklagen der Ehepartner erworben wurden und die der Absicherung fürs Alter oder bei Invalidität dienen. Auch besondere Rentenansprüche werden erfasst.

Nach § 2 VersAusglG können die folgenden Anwartschaften ausgeglichen werden:

  • aus der gesetzlichen Rentenversicherung
  • aus der Beamtenversorgung
  • private Berufsunfähigkeits-, Erwerbs- oder Invaliditätsversicherungen
  • aus anderen berufsständischen Versorgungssystemen (z.B. bei Ärzten, Anwälten, Künstlern, etc.)
  • aus einer betrieblichen Altersvorsorge
  • wegen einer privaten Altersvorsorge

Bei Ehen, die in der ehemaligen DDR geschlossen wurden, gilt die folgende Besonderheit: Anwartschaften aus der gesetzlichen Altersvorsorge erfordern eine getrennte Auflistung der Rentenanwartschaften vor und nach der Wiedervereinigung. In diesem Fall wird also in Ost- und Westanwartschaften unterschieden.

§ 19 VersAusglG schreibt vor, dass Ansprüche, denen keine Ausgleichsreife zugrunde liegt, vom Versorgungsausgleich ausgeschlossen sind:

  • Anwartschaften, die noch verfallen können (v.a. bei Betriebsrenten)
  • Anwartschaften im Ausland sowie bei zwischen- oder überstaatlichen Leistungsträgern
  • Leistungen aus Arbeitslosen- und Unfallversicherungen
  • private Kapitallebensversicherungen (da sie unter den Zugewinnausgleich fallen)

Versorgungsausgleich

Gilt für die Eheleute eine Auskunftspflicht?

Lassen sich Ehepartner scheiden, sind beide gesetzlich dazu verpflichtet, Angaben zu ihren erworbenen Rentenanwartschaften zu machen und notwendige Belege vorzulegen. Hierfür füllen sie in der Regel den „Fragebogen zum Versorgungsausgleich“ aus, der auf der Webseite des Justizportals des Bundes und der Länder zur Verfügung steht. Das ausgefüllte Dokument ist dann an das zuständige Amts- bzw. Familiengericht zu übersenden.

Wenn einer der Ehepartner die Auskunft verweigert, kann der andere sich eigenständig bei den betreffenden Versicherern melden und Auskunft ersuchen. In der erteilten Auskunft sind die Entgeltpunkte (Rentenpunkte) aufgelistet. Ist bei der zuständigen Versicherung ein Antrag auf Auskunft über die Rentenanwartschaften eingegangen, ist diese zudem befugt, bei anderen Versicherungsträgern Auskünfte anzufordern.

Wie sieht der Wertausgleich bei Scheidung aus?

Die Auseinandersetzungen zum Versorgungsausgleich finden in der Regel abgetrennt vom eigentlichen Scheidungsverfahren statt. Im deutschen Recht unterscheidet man hinsichtlich der Aufteilung der Ansprüche zwischen interner und externer Teilung der Versorgungsanrechte.

Interne Teilung der Versorgungsanrechte

In der Regel findet eine sogenannte interne Teilung der Anwartschaften statt. Dabei liegt die Weisungsbefugnis beim Familiengerichtet. Dieses beantragt einen Ausgleich bei dem Versorgungsträger, bei dem der ausgleichspflichtige Ehepartner Rentenansprüche erworben hat. Die ausgleichsberechtigte Partei erhält dann Ausgleichsansprüche vonseiten dieses Trägers.

Sollte noch kein solches Konto existieren, wird für den Ausgleichsberechtigten ein eigenes Konto bei dem jeweiligen Versicherungsträger eingerichtet. Die berechneten Anwartschaften werden von der Auszahlung an die pflichtige Partei abgezogen und auf das Konto des Berechtigten eingezahlt.

Mit den Ansprüchen übertragen sich übrigens auch sämtliche vertragliche und vermögensrechtliche Richtlinien auf die ausgleichsberechtigte Person. Im Falle von Rentenanwartschaften aus einer betrieblichen Vorsorge bedeutet das, dass die ausgleichsberechtigte Person auch den Status eines ausgeschiedenen Arbeitnehmers im Sinne des Betriebsrentengesetzes erhält.

Ab wann werden Leistungen aus dem Versorgungsausgleich an den ausgleichsberechtigten Partner gezahlt? Bis zum Verfahrensabschluss herrscht ein sogenanntes Leistungsverbot. Das bedeutet, der Versorgungsträger darf erst dann Leistungen an den ausgleichsberechtigten Partner zahlen, wenn der Versorgungsausgleich abgeschlossen ist.

Ein Vorteil der internen Teilung ist, dass die Verrechnung bei einem einzigen Versicherungsträger stattfindet. Dieser kann die Verrechnung der einzelnen Ansprüche relativ unkompliziert durchführen, statt die einzelnen Ausgleichsansprüche der Parteien zunächst übertragen zu müssen. Da es sich um dieselbe Art von Entgeltpunkten handelt, ist die Vergleichbarkeit von vornherein gegeben.

Externe Teilung der Versorgungsanrechte

Im Unterschied zur internen Teilung findet im Rahmen der externen Teilung kein Ausgleich bei demselben Versicherer statt. Stattdessen werden die Ansprüche der ausgleichspflichtigen Partei A beim Versorgungsträger XY an die ausgleichsberechtigte Partei B auf ein Konto bei Versorgungsträger YZ übertragen. Dies geschieht auf Veranlassung des zuständigen Gerichts.

Zur externen Teilung kommt es eher selten, zum Beispiel in folgenden Fällen:

  • Vereinbarung einer externen Teilung zwischen der ausgleichberechtigten Person und dem Versorgungsträger des Ehegatten
  • Versorgungsträger des Ausgleichspflichtigen verlangt eine externe Teilung

Anders als beim internen Ausgleich funktioniert die externe Teilung nur mittels Kapitalwerten, also einer Übertragung der Anteile in finanzieller Form. Die Übertragung von Punkten geschieht daher über die geldwerte Umrechnung.

Die Ausgleichsberechtigten haben das Recht, bei dem externen Versicherungsträger entweder ein neues Konto anzulegen oder ein bereits vorhandenes weiter auszubauen. In diesem Fall haben sie zudem die Option, den Zielversorger frei zu wählen. Einzige Voraussetzung ist, dass die Wahl für die ausgleichspflichtige Partei nicht mit Nachteilen verbunden ist.