Ehe annullieren lassen – wann ist das möglich?

Wer heiratet, möchte in der Regel, dass die Ehe für immer hält. Allerdings kommt es gelegentlich zur vorzeitigen Scheidung. Diese ist in Deutschland erst ein Jahr nach Eheschließung möglich ist. Doch auch schon früher gibt es Möglichkeiten, aus der Ehe herauszukommen. So lässt sie sich in bestimmten Härtefällen annullieren.

Im BGB wird dabei von der Auflösung der Ehe gesprochen. Die Gründe für eine Auflösung können vielfältig sein und reichen von Ehehindernissen über Betrug und Zwang bis hin zur Unfähigkeit, eine Ehe einzugehen. Dieser Artikel wirft einen genaueren Blick auf die Voraussetzungen und Gründe für eine Annullierung einer Ehe und erläutert das genaue Verfahren einer Eheauflösung.

Gründe für die Annullierung einer Ehe

Eine Ehe lässt sich in Deutschland annullieren, wenn eine ihrer Voraussetzungen bei Eheschluss nicht erfüllt war. Die möglichen Gründe für eine Eheaufhebung sind in § 1314 Abs. 1 BGB geregelt. Im Folgenden werden einige dieser Gründe aufgezählt, durch welche eine Annullierung der Ehe möglich ist.

1. Betrug

Macht einer der Ehepartner bei der Eheschließung vorsätzlich falsche Angaben, kann dies ein Annullierungsgrund sein. Ein Beispiel hierfür wäre, wenn einer der Ehegatten falsche Angaben zu seinem Vermögen oder seiner Identität macht. Dies wäre nämlich eine arglistige Täuschung und macht gemäß § 1314 Abs. 2 Nummer 3 BGB eine Ehe im Nachhinein anfechtbar.

2. Zwang

Wird einer der Ehepartner zwangsverheiratet, kann dies ein Aufhebungsgrund sein. Hierunter zählt zum Beispiel der Fall, wenn einer der Ehegatten durch Drohung oder Gewalt zur Eheschließung gezwungen wird. Eine Ehe muss nämlich immer freiwillig erfolgen und beide Partner müssen sie wollen. Ansonsten ist sie gemäß § 1314 Abs. 2 Nummer 4 BGB annullierbar.

3. Heiratshindernisse

Ein weiteres Beispiel für nicht erfüllte Voraussetzungen einer Ehe stellen Ehehindernisse wie eine bestehende Ehe dar. Wer bereits verheiratet ist, kann gemäß § 1306 BGB keinen zweiten Ehepartner haben. Ein anderes Heiratshindernis ist eine zu enge Verwandtschaft zwischen Mann und Frau. Im deutschen Gesetz ist gemäß § 1307 BGB die Ehe zwischen Geschwistern und Blutsverwandten gerader Linie verboten. So darf ein Vater oder ein Großvater nicht sein Kind oder sein Enkelkind heiraten. Eine Cousine oder ein Cousin darf hingegen geheiratet werden. Ebenso kann der eigene Onkel oder die eigene Tante geheiratet werden.

4. Heiratsunfähigkeit

Es gibt einige rechtliche oder medizinische Gründe, wieso eine Person nicht heiraten kann. Bei Vorliegen dieser Gründe lässt sich die Ehe im Nachhinein annullieren. Ein Beispiel dafür wäre, wenn einer der Ehepartner aufgrund einer psychischen Erkrankung den Sinn und die Folgen der Eheschließung nicht verstehen kann. Rechtlich muss in solchen Fällen diese Person als geschäftsunfähig gelten. Gemäß § 1304 BGB darf eine geschäftsunfähige Person nämlich nicht heiraten.

5. Ehe mit Minderjährigen

Falls sich im Nachhinein herausstellt, dass eine der Ehepartner beim Eheschluss minderjährig war, lässt sich die Ehe ebenfalls annullieren. Gemäß § 1303 BGB kann diese nämlich nur bei Volljährigkeit erfolgen. Bis zum Jahre 2017 war es in Deutschland übrigens noch möglich, unter bestimmten Voraussetzungen ab dem 16. Lebensjahr zu heiraten. Auch eine solche Eheschließung lässt sich im Nachhinein aufheben.

6. Scheinehe

Ebenso lässt sich eine Scheinehe nachträglich annullieren. Gemäß § 1314 Abs. 2 Nummer 5 BGB müssen die beiden Partner nämlich beim Eheschluss eine Beistands- und Lebensgemeinschaft führen wollen. Falls dies nicht der Fall ist, handelt es sich um eine anfechtbare Scheinehe. Solche Scheinehen werden in der Regel geschlossen, damit ein Ehepartner einen rechtlichen Vorteil daraus ziehen kann.

7. Keine persönliche Erklärung

Nach § 1311 BGB muss die Erklärung zur Ehe unter gleichzeitiger Anwesenheit beider Ehepartner erfolgen. Auch Möglichkeiten wie Online Heiraten sind in Deutschland nicht erlaubt. Stellt sich im Nachhinein heraus, dass keine gleichzeitige Anwesenheit der Ehepartner geherrscht hat, lässt sich die Ehe annullieren.

8. Weitere Gründe

In § 1314 Absatz 2 BGB sind noch einige weitere Annullierungsgründe aufgezählt, die sich auf eher außergewöhnliche Sonderfälle beziehen. So darf sich bei der Eheschließung kein Partner im Zustand der Bewusstlosigkeit oder einer vorübergehenden Störung der Geistesfähigkeit befunden haben. Daher stehen die Chancen für die Annullierung einer Ehe sehr gut, wenn diese unter Einfluss von Alkohol oder Drogen geschlossen wurde. Des Weiteren müssen beide Ehepartner gewusst haben, dass es sich um eine Eheschließung handelte. Falls zum Beispiel einer der Partner keine ausreichenden Deutschkenntnisse besaß, lässt sich die Ehe für ungültig erklären.

Nachehelicher Unterhalt

Verfahren der Eheannullierung

Falls ein Ehepartner die Ehe annullieren möchte, muss er dafür einen Antrag an das Familiengericht stellen. Dieser lässt sich am besten über einen Anwalt für Familienrecht einreichen. Im Anschluss daran kommt es zu einem Verfahren, in dem das Familiengericht prüft, ob tatsächlich ausreichende Gründe für die Annullierung vorliegen. Die Beweislast liegt hier beim Antragssteller. Er muss belegen, dass die Ehe ungültig ist.

Als Antragssteller kann auch eine Behörde fungieren. So kann zum Beispiel im Falle einer Scheinehe die Ausländerbehörde die Annullierung der Ehe beantragen. Meist dauert das Verfahren jedoch sehr lange. Daher bevorzugen viele Menschen die Scheidung nach einem Jahr. Dieses Vorgehen ist nämlich mit deutlich weniger Aufwand verbunden. Hier gibt es nur die Voraussetzung, dass beide Partner schon mindestens seit einem Jahr getrennt leben.

Fristen für die Annullierung einer Ehe

Die Fristen zur Eheannullierung sind verschieden und hängen von dem Grund ab, wieso die Ehe für ungültig erklärt wird. Wurde die Ehe aufgrund einer Täuschung eines Partners geschlossen, muss die Annullierung spätestens ein Jahr nach Bekanntwerden der Täuschung beantragt werden. Falls die Eheschließung nicht freiwillig erfolgte, kann ein Ehepartner diesen Antrag bis spätestens drei Jahre nach Wegfall der Zwangslage einreichen. Wenn jedoch ein Partner geschäftsunfähig ist, kann dessen gesetzlicher Vertreter allzeit die Aufhebung der Ehe beantragen. Der Ehepartner selbst kann in diesem Fall sogar noch bis zu sechs Monaten nach Wegfall seiner Geschäftsunfähigkeit die Annullierung anfordern.

Fazit

Während die Scheidung im deutschen Recht erst nach einem Jahr möglich ist, kann eine Ehe schon früher annulliert werden. Im BGB wird in diesem Zusammenhang von der Aufhebung der Ehe gesprochen. In besonderen Härtefällen ist sie möglich. Dies kann zum Beispiel vorkommen, wenn die Ehe unter Zwang geschlossen wurde oder wenn ein Partner den anderen vorsätzlich getäuscht hat. Auch eine Scheinehe, die ausschließlich auf rechtliche Vorteile mindestens eines Ehepartners bedacht war, kann aufgelöst werden.

Allerdings kann sich das Verfahren zur Eheauflösung in die Länge ziehen. Daher bevorzugen es viele Paare, ein Jahr getrennt zu leben. Danach erfüllen sie die Voraussetzungen für die Scheidung und können diese beantragen.